Net Promotor Score berechnen
Starke Kundenbindung ist für Unternehmen bares Geld wert. Die wahren Fans kaufen mehr und empfehlen das Unternehmen im Bekanntenkreis. Das heißt, durch diese Mund-zu-Mund-Propaganda werden neue Kunden ohne weitere Marketingkosten gewonnen! Wünscht sich also jeder.
Daher mal die Frage: Weißt du, wie viele eurer Kunden solche Fans sind, das heißt, die euer Unternehmen weiterempfehlen?
Oder gibt es sogar mehr Kritiker, die euer Unternehmen nicht weiterempfehlen würden?
Speziell da ist es ja mal interessant zu wissen, was die genau auszusetzen haben, um auch ganz gezielt Dinge besser machen zu können. Hier wäre es also gut, mal eine Befragung zu machen und die Anzahl der Kritiker und die Anzahl der Fans zu messen. Oder besser noch: Kontinuierlich an allen Touchpoints, also da, wo Kunden die Produkte auch kaufen können, Messungen durchführen.
Das ist in etwa das, was der NPS macht!
Und wenn man jetzt an lange Fragebögen und abgefahrene Metriken denkt, dann wird man positiv überrascht sein, dass der NPS mit nur einer einzigen Frage auskommt.
Und gerade weil Net Promotor Score berechnen so einfach ist, gilt er bei vielen, vielen Firmen als wichtige Kenngröße für Unternehmenserfolg.
Das führt dazu, dass man NPS-Zielzahlen häufig bei Managern und – jetzt kommt’s – auch bei Product Ownern und Projektleitern in die jährliche Zielvereinbarung schreibt. Dabei kann es bei der jährlichen Zielüberprüfung ein böses Erwachen geben. Deswegen lese diesen Text bis zum Schluss an oder höre den Podcast dazu an, um für das Zielgespräch gerüstet zu sein, wenn dir das mal passiert, und um auch die Stellschrauben kennenzulernen, wie man die Bewertung positiv verändern kann. Also, los geht’s!
Net Promotor Score berechnen. Wie geht das?
Der NPS – ausgeschrieben „Net Promoter Score“ – dient zur Messung der Loyalität zu einem Unternehmen. Eingesetzt wird er zum Beispiel von allen großen Unternehmen wie Apple, eBay, Facebook, Amazon, Aldi, Telekom und allen möglichen Automobilherstellern und großen Banken. Erfunden von Fred Reichheld, der 2003 einen Artikel im Harvard Business Review verfasst hat: „The one number you need to grow.“ Das ist ein schön plakativer Titel – das erzeugt Aufmerksamkeit. Da kann man nicht meckern. Ziel des Ganzen ist die Messung der Kundenloyalität zum Unternehmen.
Die Idee dahinter: Reichheld soll empirisch herausgefunden haben, dass diese eine Frage branchenübergreifend gültig ist und mit dem zukünftigen Wachstum eines Unternehmens korreliert.
Auf gut Deutsch: Umso besser der NPS-Wert ist, desto stärker wird das Unternehmen und die Umsätze auch wachsen, so Reichheld.
Jetzt die große Frage: Wie kann man den NPS berechnen?
Teilnehmern wird eine simple Frage gestellt, und zwar: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen XYZ einem Freund oder Kollegen empfehlen würden?“ Nehmen wir mal Amazon als Beispiel. „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Amazon einem Freund oder Kollegen empfehlen würden?“ Und jetzt hat der Teilnehmer eine 11-Punkte-Skala vor sich von 0 für „überhaupt nicht wahrscheinlich, dass ich das tue“ bis 10, was für „extrem wahrscheinlich“ steht, und kreuzt eine Zahl an.
Nehmen wir mal wieder Amazon als Beispiel. Wenn zum Beispiel mir gute Arbeitsbedingungen am wichtigsten sind und ich denke, dass Amazon dort nicht so gut abschneidet, dann kreuze ich ein 0 oder eine 2 oder eine 3 an. Und wenn mir das egal ist und ich denke: „Hey, super Kundenservice. Meine Pakete sind immer am nächsten Tag da. Was will ich mehr?“, dann vergebe ich vielleicht sogar eine 9 oder eine 10.
Das ist also ganz subjektiv und die Antwort auf diese Frage beinhaltet viele Einflussfaktoren.
Die Auswertung verläuft dann in 3 Kategorien und geht dann so:
- Diejenigen, die jetzt 9 bis 10 angekreuzt haben, sind die Fans. Die sind voll überzeugt und empfehlen das Unternehmen weiter.
- Auf der anderen Seite stehen die, die 0 bis 6 angekreuzt haben. Das sind die Kritiker. Die könnten abwandern und werden das Unternehmen auch nicht empfehlen – oder schlimmer noch: Eher Schlechtes über das Unternehmen erzählen und damit auch noch andere abhalten, Produkte zu kaufen.
- Jetzt bleiben noch die, die 7 oder 8 vergeben haben. Die werden im Modell als neutral, passiv zufrieden beschrieben und die haben keinen Einfluss auf die Bewertung.
Und jetzt wird der NPS-Wert ganz einfach berechnet, indem man vom Anteil der Fans den Anteil der Kritiker abzieht.
Net Promoter Score Beispiel
Ich mache mal ein einfaches Beispiel. Wir gehen davon aus, dass wir 10 Leute befragen. Der erste vergibt eine 1, der zweite vergibt eine 2, der dritte eine 3, und so weiter, bis der zehnte eine 10 vergibt. Daraus ergibt sich, dass 6 Leute 1 bis 6 angekreuzt haben. Die Probanden, die 1 bis 6 ankreuzen, sind ja Kritiker, also macht das 60% Kritiker.
Dann haben 2 Leute etwas zwischen 9 und 10 angekreuzt, also genauer gesagt einer die 9 und der andere die 10. Macht also 20% Fans.
Und was ist mit denen, die 7 oder 8 angekreuzt haben? Die beiden hätten sich das auch sparen können. Die fliegen nämlich aus der Berechnung raus. Damit wird jetzt ganz einfach gerechnet:
20% Fans – 60% Kritiker = NPS-Wert von -40
Zur Info: Der NPS-Wert kann sich grundsätzlich zwischen -100, als schlechtester Wert, bis hin zu +100, als besten Wert, bewegen.
Net Promotor Score berechnen ist also ganz einfach 🙂
Net Promotor Score Pro und Cons
Was sind die Vorteile dieser Methode?
- Da es nur eine einzige Frage ist, ist die Rücklaufquote von Probanden extrem hoch.
- Weiterhin kann die Messung automatisiert ausgewertet werden. Es gibt ja keine Abhängigkeiten zu anderen Fragen und damit gibt es auch keine Komplexität, das heißt, man bekommt sofort die Auswertung.
- Und sie ermittelt Fans und Kritiker, die man später gezielt bearbeiten kann, sofern man diese später auch noch identifizieren kann.
Was ist der Nachteil?
Und hier musst du jetzt aufpassen! Im Rahmen der Management-Methode „Führen mit Zielen“, Management bei Objectives, wird jetzt gerne Folgendes von Unternehmen gemacht: Der Manager erhält als Jahresziel einen bestimmten NPS-Wert, den er erreichen muss. Erreicht er den, dann fließt der Bonus. Und die Rollen Product Owner, Projektleiter, Usability Experte erhalten als Jahresziel die Optimierung des Produktes auf Basis des NPS.
Und speziell dazu wird die NPS-Frage für Kunden leicht abgewandelt. Die lautet dann:
„Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Produkt XYZ einem Freund oder Kollegen empfehlen würden?“
Die Idee dahinter ist, dass wenn das Produkt gut bewertet wird, dass dann auch das Unternehmen gut dasteht. Und hier gibt es aus meiner Sicht 2 gravierende Schwachstellen.
1. Auch wenn nur nach dem Produkt gefragt wird, so bewerten Probanden immer auch unterbewusst ihre Beziehung zum Unternehmen und der Marke mit. Ich habe es bei einem Unternehmen gesehen, dass durch eine öffentlich politische Diskussion, bei der das Unternehmen nicht gut dastand, die NPS-Werte aller Produkte in den Keller gerauscht sind – von einem auf das andere Quartal. Und hier muss man sich mal die Frage stellen, ob das dann noch in der Steuerungsgewalt eines Product Owners oder eines UX Experten liegt.
2. Die kontinuierliche User Experience und die kontinuierliche Verbesserung wird nicht richtig sichtbar.
Ich mache dazu mal ein Beispiel, um das zu verdeutlichen.
Release 1:
Wir nehmen mal an, dass wir mit Release 1 starten und dann fragen wir 10 Personen: „Hey, wie findet ihr das auf der Skala von 0 bis 10? Würdet ihr das weiterempfehlen?“ Wir erhalten dort von jedem eine 0. Gut, macht einen Score von -100. Und da kann man ganz klar sagen: „OK, wir hätten nicht launchen sollen. Üble Bewertung ist gerechtfertigt und da sollte man auch nichts belohnen.“ Haken dran.
Release 2:
Jetzt gibt man sich richtig Mühe und baut Release 2 und fragt wieder 10 Personen. Alle 10 Personen vergeben jetzt eine 6. Der NPS-Wert ist immer noch bei -100. Es sieht also so aus, als hätte niemand an der Verbesserung gearbeitet.
Release 3:
10 Personen vergeben eine 8. Der NPS-Wert hat eine 0. Wir erinnern uns ja: Die, die 8 und 7 ankreuzen, hätten sich das auch sparen können. Die werden im Prinzip neutralisiert, weil der NPS Extreme zeigen möchte. Also niemand im Unternehmen wird so richtig beeindruckt sein bei der 0. Auch nicht so gut.
Release Nummer 4:
10 Personen vergeben diesmal anstelle von der 8 die 9. Und was ist jetzt passiert? Der NPS-Wert liegt bei 100. 100%, der allerbeste Wert, den es je gibt. 100% Verbesserung, weil der NPS von 8 auf 9 gestiegen ist.
Der statistische Mittelwert hätte die Tendenz der Verbesserung so abgebildet von Release 1 bis 4: „0%, 60%, 80%, 90%“, und hätte aus meiner Sicht die kontinuierliche Entwicklung besser wiedergegeben.
Net Promotor Score (NPS) manipulieren
Jetzt die Frage: Wie kann ich das Ganze manipulieren? Was sind die Stellschrauben, um den NPS zu frisieren?
Aber vorab einen kleiner Disclaimer: Ich will jetzt hier niemanden anleiten, etwas zu manipulieren, um den Bonus zu erhalten. Ich denke aber, dass es wichtig ist, dass man mal erfährt, dass der NPS, wie jede andere Statistik auch, manipulierbar ist. Also 3 Möglichkeiten zum Tuning sind:
- Gutscheinverlosung
Man kann für die Teilnehmer an der Umfrage einen Gutschein verlosen. Viele Kunden denken dann: „Man gewinnt ja bestimmt nicht, wenn man jetzt eine 0 ankreuzt und das Produkt oder das Unternehmen so richtig schlecht findet. Von daher kreuze ich wohl eher mal eine 9 oder 10 an.“ Das Ganze funktioniert. Das habe ich selbst schon gemacht, aber nicht um die Statistik zu schönen, sondern wir haben diese Verkettung vorher einfach nicht berücksichtigt.
- Geschenk vor Befragung
Ein kleines Geschenk erhält die Freundschaft. Das heißt, dass kurz vor der Umfrage ein kleines Geschenk versendet wird. Durch das Geschenk entwickelt der Beschenkte das Gefühl, er muss etwas zurückgeben und die NPS-Werte werden bei der nächsten Umfrage steigen. Diesen Effekt nennt man „Reziprozität“. Aufpassen: Das Geschenk darf dann nur nicht so weit entfernt in der Zukunft liegen, weil wenn man das Geschenk heute versendet und die Umfrage in 8 Wochen macht, dann verpufft der Effekt einfach.
- Befragungszeitpunkt günstig anpassen
Was denkst du? Wann wird ein Kunde den Net Promotor Score besser bewerten? Direkt nachdem er eine Aufgabe, also zum Beispiel einen Kauf im Apple Store, erfolgreich gemeistert hat oder wenn der Kunde sich gerade richtig konzentriert und eine Aufgabe abschließen möchte und da poppt auf einmal ein Umfragefenster auf und er wird im Fluss gestört? Also den Befragungszeitpunkt günstig anpassen.
Was ist meine Meinung zum NPS?
Als eine Kennzahl zum Unternehmensspiegelbild finde ich den NPS sehr interessant, auch wenn man danach noch qualitative Fragen stellen muss, um auch wirklich Verbesserungsmaßnahmen ableiten zu können, aber ich finde es durchaus ein interessantes Werkzeug. Vor allem, da der Net Promotor Score berechnen sehr einfach ist.
Als Kennzahl zur Produktbewertung finde ich ihn ungeeignet. Warum? Die emotionale Beziehung zum Unternehmen und zur Marke fließt vom Probanden unterbewusst in die Bewertung ein und damit wird die reine Produktbewertung verwässert. Das kann positiv wie auch negativ sein. Das kann sich auch wieder aufheben. Zudem gibt es Probanden, die das Produkt super finden, aber denen fällt jetzt gerade kein Freund oder Kollege ein, dem sie das Produkt empfehlen können, und dann gibt es eine 0 Bewertung. Und da ist ja auch die Frage:
Spiegelt das jetzt die Loyalität oder die Qualität zum Produkt wider? Nicht wirklich, oder?
Ich fasse noch mal kurz zum Schluss zusammen.
- Der NPS misst die Kundenloyalität eines Unternehmens.
- Die eine und alles entscheidende Frage lautet: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen XYZ einem Freund oder Kollegen empfehlen würden?“
- Wie wird gemessen? Der Proband vergibt eine Zahl von 0 bis 10. Dabei ist 10 „Mega wahrscheinlich, dass ich das Unternehmen empfehle“ und 0 „Auf gar keine Fall mache ich das. Nur über meine Leiche“. Alle zwischen 0 bis 6 sind Kritiker und die mit 9 und 10 sind Fans.
- Dann wir die Differenz gebildet. Fans in Prozent minus Kritiker in Prozent.
- Die Probanden, die 7 und 8 angekreuzt haben, hätten sich das auch sparen können, denn die fallen aus der Bewertung einfach raus. Der NPS möchte die Extreme visualisieren.
- Und wo musst du aufpassen? Wenn dein Chef dir vorschlägt, deinen Bonus oder Jahresziele an den NPS für ein Produkt zu koppeln. Warum? Es gibt viele produktunabhängige Effekte, die du nicht beeinflussen kannst, auf der anderen Seite aber auch positive Stellschrauben, um diese verändern zu können.